samedi 11 août 2012

Blamage für Deutschlands Medaillen-Planer

86 Medaillen insgesamt, 28 Mal Gold? Der jetzt veröffentlichte Medaillenplan des Innenministeriums hat mit der Realität von London nichts zu tun. Das Verfahren, nach dem dreistellige Millionensummen an Steuergeldern in den Spitzensport fließen, ist willkürlich und weltfremd. Es gehört radikal reformiert.


Das für den Leistungssport zuständige Bundesinnenministerium (BMI) hat sich dem juristischem und öffentlichem Druck gebeugt: Erstmals wurden Teile der bisher unter Verschluss gehaltener Unterlagen zur Sportförderung veröffentlicht. Publik wurde zwar nur einen Bruchteil jener Unterlagen, die Journalisten des Rechercheteams der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung" unter Berufung auf das Informationsfreiheitsgesetz und das Pressegesetz anforderten.

Klar ist aber, wie weit von der Realität die Vorgaben entfernt sind. Demnach haben BMI und der Dachverband Deutscher Olympischer Sportbund (DOSB) den 26 Sommersportverbänden für London 28 Goldmedaillen aufgetragen - und 86-mal Edelmetall insgesamt. Diese Zielstellung wurde kolossal verfehlt. Bis Freitagabend standen 10 Gold-, 17 Silber- und 11 Bronzemedaillen in der Bilanz.
Wie konnte es zu diesem gigantischen Widerspruch zwischen Anspruch und Wirklichkeit kommen?
Bei den veröffentlichten Zahlen handelt es sich um die sogenannten Zielvereinbarungen - in ihnen wird der Medaillenplan der derzeit 33 olympischen Sportverbände (26 Sommer und 7 Winter) festgeschrieben. Auf dieser Grundlage werden Fördermittel aus dem Innenministerium verteilt. Das BMI bestimmt die Vorgaben und bleibt Herr des Verfahrens, der DOSB verhandelt direkt mit den Fachverbänden. Viele von ihnen haben sich über das Prozedere beklagt.
Der zugrunde liegende Vertrag, 2007 zwischen DOSB und BMI abgeschlossen, umfasst nur sechs Seiten. Er wurde vom auch heute noch amtierenden DOSB-Generaldirektor Michael Vesper unterzeichnet. Die Verantwortlichkeit liegt demnach klar bei der Politik. Das BMI, heißt es darin, "trifft sportpolitische Grundsatz- und Einzelentscheidungen".
Viele Sportfunktionäre kritisieren das. Ein olympischer Verbandspräsident sagte es einmal so: "Wir haben in Deutschland ein System des Staatssports, in dem eine Ministerialbürokratie willkürlich über Sportförderung und Steuermittel entscheidet. Wer in diesem Kartell nicht drinsteckt, hat Pech gehabt."
Eine umfassende, nachprüfbare Auflistung aller Zuwendungen existiert nicht
Neun Bundesministerien finanzieren mit rund 240 Millionen Euro pro Jahr Maßnahmen auf dem Gebiet des Sports. Der größte Anteil entfällt auf die Spitzensportförderung durch das BMI - es stellt 132 Millionen Euro aus Steuermitteln bereit. Aus dem zweitgrößten Sportetat, dem des Verteidigungsministeriums, werden die Hundertschaften von Sportsoldaten alimentiert, in diesem Jahr mit 63 Millionen Euro. Außerdem wurden sechs Millionen aus dem BMI-Einzelplan für die Olympiavorbereitung verwendet.
Tatsächlich aber kommt viel mehr zusammen, weil viele Zurechnungen unklar bleiben und ja auf anderer Ebene ebenfalls Steuermittel in den Spitzensport fließen. Eine umfassende, nachprüfbare Auflistung aller Zuwendungen - lokal, regional, bei Bundespolizei und Zoll - existiert nicht. Das ist in anderen Ländern anders, etwa in Großbritannien und Dänemark. Dort sind Zuwendungen und Medaillenpläne öffentlich.
DOSB-Generaldirektor Vesper und Sportminister Hans-Peter Friedrich (CSU) hatten sich gegen die Veröffentlichung mit der Begründung gewehrt, sie würde die Interessen Dritter verletzen - die der Verbände. Ein fadenscheiniges Argument. Einige Verbände hatten überhaupt kein Probleme mit einem Mehr an Transparenz. Tatsächlich wehren sich immer mehr Verbände gegen die Bevormundung von DOSB und BMI. Schließlich wurden die Medaillenvorgaben weniger im Konsens alsvielmehr unter Druck formuliert.
Das BMI gab zwei "WAZ"-Reportern nun lediglich die Medaillenvorgaben sämtlicher Verbände heraus. Die eigentlichen Unterlagen aber, Verträge und etliches mehr, werden weiter unter Verschluss gehalten. Dabei hatte das Verwaltungsgericht Berlin im Juli mit großem öffentlichen Interesse und Dringlichkeit argumentiert - und die Veröffentlichung aller Dokumente angeordnet.

Aucun commentaire:

Enregistrer un commentaire

Nous vous invitons ici à donner votre point de vue, vos informations, vos arguments. Nous refusons les messages haineux, diffamatoires, racistes ou xénophobes, les menaces, incitations à la violence ou autres injures. Merci de garder un ton respectueux et de penser que de nombreuses personnes vous lisent.
La rédaction

Messages les plus consultés